Jedes Jahr steigt die Spannung ins Unermessliche.
Dann nämlich, wenn der Reservist der Prinzengarde vor seinem Reservecorps-Abend steht. Schon im Fahrplan der Prinzengarde ist es deutlich zu erkennen. Es gibt nur diesen einen Auftritt, bei dem in der Spalte “Gefolge“ RESERVEeingetragen wird. Und da muss dann alles klappen.
Also der Reservist, ansonsten über die Jahrzehnte in Sachen Bühnenerfahrung völlig abgeklärt, routiniert und absolut souverän, fiebert nun doch förmlich vor Spannung. Knöppe, Degen, Stiefel – alles wird auf Hochglanz gewienert. Jetzt kommt unweigerlich des Reservisten größte Sorge – passt de Uniform noch. Glück gehabt. Er kann, endlich dat janze Jedöns angezogen, in de Stadt marschieren. Aber halt. Zuerst Kontrolle bei de Mutter – Beffchen wird noch mal leicht korrigiert – “Jung, du siehst toll aus.“ Jetzt aber mit strammen Schritten ab in de Stadt.
Die innerliche Spannung steigt. Der Lockvogel kommt in Sicht. Toll. Mut zusammennehmen und rein in de Posthalterei. Und dä – raunender Empfang vom Formationsführer und dem zu 100 Prozent anwesendem Frauenanteil. Es folgt die lange Liste, warum wer net kütt.
Der Formationsführer Aloisius meint, wenn me aber doch so zahlreich erschienen sind und auch de Neuzugänge et geschafft haben zu kommen, lass uns ein aktuelles Formationsfoto schießen. Einzige Sorge des Reservisten ist – passen me denn auch alle auf et Foto?!
Nach ein paar Fehlversuchen, Korrektur des Lichteinfalls – es sollte möglichst Faltenfrei sein – war et im Kasten:
Chaotisch gehört dazu. Unser jüngster Reservist Harry kam zu spät, aber noch so grad rechtzeitig, um die Nervosität vor dem Auftritt zu lindern. Das E in seinem E-Bike hatte bei tiefen Temperaturen nicht so recht mit geradelt. Formationsfoto zu früh geschossen. Alles kein Problem. Den Harry fotoshoppen wir im Nachgang noch rein:
Formationsführer Aloisius ruft eine halbe Stunde vor dem Auftritt: “Austrinken und Abmarsch, de Bus wartet, um uns die Bahnhofstrasse zum Parkhotel rauf zu bringen“. Die Menge mosert und dann kütt doch noch eine Runde Bier.
Abmarsch. Jetzt steigt die Spannung wieder ins Unermessliche.
Chaotisch gehört dazu. Kein Bus – ab zu Fuß und de Berg rauf. Spannung steigt.
Und … tosender Empfang im Parkhotel. Prinz, Bauer und Jungfrau waren plötzlich im Saal verschwunden. Die Fahne der Reserve nahm die ganze Bühne alleine ein. Standing Ovations. Das Publikum peitschte die Reserve an. Der minutenlange Auftritt der Fahne wurde, nachdem das Dreigestirn mit dem Motto durch war, wieder in den Vordergrund gerückt. Das Publikum trommelte als die Fahne den diesjährigen Orden verliehen bekam.
GRANDIOS, FULMINANT
So entfacht vor Freude wollte sie gar nicht mehr von der Bühne. Erst unter ärztlicher Narkose von uns Rita und einer letzten Ehrenrunde auf der Bühne konnte die unter Adrenalin stehende Fahne durch die tosende Menge den Weg nach draußen finden.
GRANDIOS, FULMINANT
Der pflichtanwesende Prinzengarde-Vorstand meinte anschließend, dass war wohl der Höhepunkt des Abends, da bereits die ersten Buchungen über seinen Ticker herein kamen, bevor wir zurück im Standquartier waren.
Man sprach sogar davon, dass Hermann Josef vor Stolz zu seinem Reservecorps de Tränen in de Augen hatte. Oder war es nur, weil die Reserve gleich zu einem richtigen Bier greifen konnte, während er …
GRANDIOS, FULMINANT
Die Reserve ist halt bekannt dafür, dass sie auf und hinter der Bühne jedes Eis brechen kann. Unangenehme Folge ist halt, dass Aufnahmeanträge eine Wartezeit von bis zu 7 Jahren in Anspruch nehmen. Deshalb wird nun ernsthaft in den weiten Reihen der Reserve über eine seehofersche Obergrenze diskutiert und diskutiert …
GRANDIOS, FULMINANT
Text: Fahne L.; Bilder: Alois Wassong
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